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Freitag, 9. Januar 2009

Ein laaaaaaanger Rückblick…

Ich habe in der letzten Zeit hin- und herüberlegt, was ich mit diesem Blog jetzt anfangen soll. Klar, offiziell hatte ich ihn ja schon geschlossen… und dann doch wieder was geschrieben… und vielleicht noch einen Kommentar - mit anderen Worten, so richtig davon trennen kann ich mich anscheinend ja doch nicht. Also einfach wieder weiter schreiben - übers Tagesgeschehen, als wäre nichts gewesen? Gefällt mir auch nicht. Wenn schon, dann muss in meinen Augen hier erst mal noch ein Rückblick auf die vergangenen Wochen rein. Schon allein der Vollständigkeit wegen *smile*.

So werde ich hier jetzt also zunächst die vergangenen Wochen und Monate nachtragen - aber nicht als Bericht, sondern als Auszüge aus Mails, die ich in dieser Zeit geschrieben habe. Ich glaube, so kann ich die Gedanken und Gefühle, die Ängste und Sorgen und die Hoffnung und Lebensfreude, die trotz allem in dieser ganzen Zeit vorhanden waren, am besten und authentischsten wiedergeben.

Na denn, los geht's! WARNUNG: es wird auf jeden Fall ein langer Eintrag *gg*…

OKTOBER 2008

Datum: 05.10.2008

Die Ärzte sagen, man kann den Tumor operieren - oder besser gesagt, man muss ihn operieren. Welche Risiken und Probleme dabei auftreten können, brauche ich ja nicht im Einzelnen aufzuzählen. Und was dann noch alles erforderlich ist - Chemo, Bestrahlungen etc - darüber beraten die Ärzte noch.

Aber wir sind beide Kämpfernaturen, die sich ganz sicher nicht so einfach in ihr Schicksal ergeben werden. Das letzte Wort ist hier noch lange nicht gesprochen. Wir werden es schaffen, daran glaube ich ganz fest… wir hatten wunderschöne gemeinsame Zeiten (haben wir ja trotz allem immer noch), und wir werden auch diese schwierigere Phase gemeinsam durchstehen. Ich glaube dabei auch ganz stark an die Kraft der Psyche… Chris WILL es schaffen, und er ist stark, sehr stark, also stehen die Chancen gut, dass er es tatsächlich schafft. Die zwei alten Männer auf ihrer Veranda (unser alter Traum) wird es irgendwann geben, daran glaube ich ganz fest!

Es ist halt immer ein Auf und Ab im Leben, und so blöd sich das jetzt auch anhört - manchmal hab ich auch vorher schon gedacht, es kann ja nicht immer so schön bleiben, irgendwann kriegen wir einen Dämpfer. Da müssen wir jetzt durch.

Datum: 08.10.2008

Irgendwie ist es doch wirklich so… jeder kriegt irgendwann eins auf die Mütze, und früher oder später kommen wir alle mal dran. Manchmal meint man nur, dass es allen anderen rundherum besser geht, aber wenn man dann hinter die Kulissen blickt, sieht man, dass dort auch nicht alles so schön und problemlos ist, wie es scheint. Ist eben so.

Unsere Ärzte sind der Meinung, dass Chemo im Moment nur wenig bringt (wegen der sog. Blut-Hirn-Schranke, die verhindert, dass die Medikamente im Hirnbereich aufgenommen werden, sofern ich das richtig verstanden habe). Bei Chris wollen sie jetzt erst mal mit einer noch relativ neuen Strahlentherapie beginnen und anschließend dann operieren. Und dann entscheiden sie, ob hinterher noch eine Chemo gemacht werden sollte... :-(

Den Tag, an dem ich mich mit positiven News zurückmelden kann, sehne ich herbei! Aber bis dahin wird es wohl noch dauern.

Datum: 13.10.2008

Bei Chris wird die Behandlung in etwa wie folgt ablaufen…er bekommt zunächst Bestrahlungen (heute die erste), dann wird die OP folgen, und anschließend entscheiden die Ärzte dann, ob noch eine Chemo notwendig ist. Vielleicht haben wir ja Glück, und er braucht sie nicht.

Die Bestrahlungen sollen den Tumor abtöten bzw. sein weiteres Wachstum verhindern, außerdem kann durch diese Art der Strahlung angeblich eine Ablösung von dem umliegenden Gewebe bewirkt werden (wenn ich das richtig verstanden habe). Das heißt, vielleicht ist der Tumor dann, wenn operiert wird, bereits ganz abgelöst und muss nur noch entnommen werden. Naja, und hinterher muss dann noch untersucht werden, ob er vielleicht bereits Metastasen gebildet hat… wenn ja, dann gibt’s Chemo :-(

Datum: 16.10.2008

Chris hatte am Montag die erste Bestrahlung, heute kommt die zweite. Die Bestrahlungen werden ambulant gemacht, und das Beste ist: sie finden hier in Nashville im Vanderbilt-Ingram Cancer Center statt - die kooperieren mit der Klinik unseres Arztes, deshalb kann der hier arbeiten. Wir können also hinterher immer wieder in unsere Wohnung zurückfahren *freu*. Der Doc meinte, die Bestrahlungen würden Chris wohl ziemlich müde machen, sonst aber keine oder nur unwesentliche Nebenwirkungen haben.

Die erste am Montag war auf jeden Fall ganz ok, es hat nur ein paar Minuten gedauert, dann konnte Chris wieder gehen. Hinterher hatte er dann Kopfschmerzen… aber ich glaube, das war mehr psychisch bedingt.

Ich hoffe so sehr, dass diese Bestrahlungen gut ansprechen und vielleicht wirklich "nur" noch die OP anschließend notwendig ist und keine Chemo.

Datum: 17.10.2008

Gladys ist am vergangenen Dienstag wieder heimgeflogen nach Florida. Sie war seit dem Ende der Kanada-Tour (und Chrissys Befund) hier bei uns. Sie hat uns in dieser Zeit viel geholfen, allein schon durch die ruhige und gelassene Art, mit der sie alles angeht. Und natürlich war sie es ja auch, die dafür gesorgt hat, dass diese drei Spezialisten die Behandlung übernehmen. Es war auch für Chris sehr gut, dass sie da war - die beiden haben ja ein sehr enges und gutes Verhältnis. Ist wirklich eine tolle Frau, meine Schwiegermama *smile*.

Zur Musik und der Band… Chris würde gerne in der nächsten Zeit ganz normal weiter arbeiten, also proben, Gigs spielen und neue Songs schreiben. Die Proben werden wir im Moment auch noch weiter machen, aber Gigs kriegen wir so schnell keine mehr, das hat Malter schon abgelehnt. Er will nicht das Risiko eingehen, dass wir nachher absagen und uns dann mit Schadensersatzklagen rumärgern müssen (die hat man hier im Amiland ja sehr leicht am Hals). Aber dass wir während Chris Erkrankung keine Gigs machen werden, war mir eigentlich vorher schon klar, und Chris im Grunde auch. Nicht nur, dass er jederzeit ausfallen kann - es sind auch die Auftritte an sich, die ihm im Moment nicht so gut tun, bzw. die Bewegungen dabei (ich sag nur Headbanging). Aber Chris möchte die nächste Zeit auch verstärkt zum Songschreiben nutzen, und ich denke, das wird ihm gut tun… es wird ihm helfen, alles zu verarbeiten.

Wir werden die Nachricht von Chris Erkrankung bis auf weiteres zunächst mal nicht veröffentlichen, wir warten erst mal ab, wie sich alles entwickelt. Unsere PR-Leute haben natürlich schon etwas formuliert, nur für den Fall der Fälle, dass es bekannt wird und wir Stellung dazu nehmen müssen, aber ich denke eigentlich nicht, dass das passiert.

Unsere Freunde und die Leute im Haus wissen natürlich inzwischen alle Bescheid. So eine Nachricht spricht sich ja schnell rum, wenn es erst mal einer weiß, wissen es bald alle (wir hatten ja auch keinen um Stillschweigen gebeten). Und die, die von einem anderen von Chris Erkrankung gehört hatten, haben uns bei nächster Gelegenheit dann auch darauf angesprochen, nachgefragt und ihre Hilfe angeboten - das ist echt schön.

Am "besten" sind da ja immer die Kids… so hat Conny, der Sohn von Caroline und Sean, Chris ganz interessiert gefragt, ob er denn jetzt auch bald eine Glatze kriegt (uh, das ist ein Reizthema für den Indianer). Erklärung: in Connys früherer Schule war ein Mädchen mit Leukämie, das durch die Chemos auch keine Haare mehr hatte. Kinder nehmen sowas ganz locker - aber Caro, Connys Mutter, ist fast vom Stuhl gefallen bei seiner Frage. Naja, und Chris ist zuerst auch mal kurz zusammengezuckt… aber dann hat er ihm halt ganz ruhig erklärt, dass die Behandlung, die er im Moment bekommt, den Haaren nichts ausmacht, aber dass es auch sein kann, dass er später auch noch diese starken Medikamente nehmen muss, von denen einem die Haare ausfallen. Darauf meinte dann Jessica, Connys jüngere Schwester, dann solle Chris sich doch am besten vorher gleich die Haare abschneiden und eine Perücke daraus machen lassen - dann würde keiner merken, dass er eigentlich keine Haare mehr hat. Die sind schon knallhart, die Kids! Wir haben aber beide mit solchen direkten Fragen und Bemerkungen erheblich weniger Probleme, als wenn Leute ganz vorsichtig versuchen, das Thema zu umgehen und um den heißen Brei herumreden, aber diese Sorte haben wir in unserem Freundes- und Bekanntenkreis eigentlich auch nicht.

Die zweite Bestrahlung gestern lief auch soweit gut… dieses Mal hatte Chris keine Kopfschmerzen hinterher, dafür hat er sich auf die Couch gelegt und drei Stunden am Stück fest geschlafen. Das kenne ich normalerweise überhaupt nicht von ihm - anscheinend passiert da doch so einiges im Körper. Wie viele Bestrahlungen er genau bekommten soll, hat der Doc noch nicht festgelegt - aber über ein paar Wochen wird sich das Ganze schon hinziehen. Zwischen den einzelnen Anwendungen müssen auch immer ein paar Tage liegen, zu schnell hintereinander sollte man diese Bestrahlungen nicht verabreichen, sagt der Arzt. Er muss es ja wissen. Auf jeden Fall sind wir auch sehr froh, dass das Ganze ambulant und hier in Nashville abläuft.

Datum: 21.10.2008

Malter und Catherine haben geheiratet, die Hochzeit war am 10. Oktober. Sehr schön, sehr festlich - wunderbar. Natürlich wurde anschließend groß gefeiert, und Chrissy hat sich - wie man so schön sagt - so richtig die Kanne gegeben (manche Leute sagen auch "die Kante gegeben"). Soll heißen, er hat gut einen getrunken - und wie *g*. Zwar hatte er immer noch "Haltung", er ist also nicht rumgetorkelt und hat gegrölt oder so, aber er war schon ganz schön abgefüllt *lach*. Das konnte aber jeder irgendwie verstehen. Wer weiß, wann ihm in nächster Zeit nochmal zum Feiern zumute ist.

Sonst ist alles soweit unverändert. Chris hatte gestern seine dritte Bestrahlung - er ist jedes Mal hinterher ziemlich müde und klagt auch über Kopfschmerzen, aber schließlich passiert ja auch durch die Strahlen etwas in seinem Kopf (hoffe ich mal), da ist es schon möglich, dass er davon auch etwas merkt. Und dass die Bestrahlungen müde machen, hat ja der Doc vorher schon gesagt.

Am vergangenen Samstag hatten wir einen Gastauftritt *smile*… wir waren in einem Club, in dem Ken und seine Cowboys aufgetreten sind, und die haben am Schluss gefragt, ob wir ein bisschen mit ihnen jammen wollen (Ken weiß ja, dass wir in der nächsten Zeit selbst keine Gigs spielen können). War gut und hat riesig Spaß gemacht. Chris hat es so richtig genossen. Da ist er dann ganz der Alte *lächel*.

Aber die Songs, die er bis jetzt geschrieben hat (das sind natürlich bis jetzt alles nur Bruchstücke), die sind… hm ja! Düster, düster. Todesgedanken, Vergänglichkeit, Trauer, winterliche Eiseskälte… lauter solche Dinge kommen da drin vor. Zuerst war ich ein bisschen erschrocken, aber er sagt, wenn er diese Gedanken und Gefühle zu Papier bringt, würden sie ihn anschließend nicht mehr belasten, und er könnte dann wieder optimistisch in die Zukunft blicken. Wenn ich mal darüber nachdenke - ich glaube, ich würde wahrscheinlich an seiner Stelle dasselbe tun.

Datum: 23.10.2008

Zwischendrin mal was zum Schmunzeln - oder auch Kopfschütteln…

Kevin, der Sohn von Elly und Ken, hat immer noch den festen Plan, später "wie Chris und Dan" mit seinem Freund zusammenzuleben. Elly lacht darüber und lässt ihn reden, aber die Mutter dieses Freundes (der übrigens auch Chris heißt) wird anscheinend allmählich nervös. Sie hat Elly kürzlich angerufen und gefragt, ob sie denn weiß, was die beiden machen, wenn sie allein zusammen in Kevins Zimmer sind - Elly solle sie doch bitte im Auge behalten *grins*. Das ist typisch amerikanisch - die beiden sind gerade mal 11! Was sollen die wohl schon "machen"?

Datum: 26.10.2008

Unsere "lieben" Nachbarn Phil und Esther sind inzwischen echt nett zu uns… sie sind auch, als sie von Chris Erkrankung gehört hatten, sofort zu uns gekommen und haben gefragt, ob sie etwas für uns tun können - doch, wirklich nett. Sie sind auch zu Ben und Eric und zu den anderen im Haus freundlich - anscheinend haben sie gemerkt, dass das Leben bedeutend leichter ist, wenn man nicht ständig Krach mit anderen Leuten hat.

Eileen ist gerade ziemlich stark auf dem Gothic Trip… darüber sind ihre Eltern natürlich nicht gerade glücklich, aber wir haben uns mal in Ruhe mit ihnen darüber unterhalten und ihnen klargemacht, dass diese Leute keine Satansanbeter sind und keine Blutopfer darbringen (manche Vorurteile halten sich einfach ewig *belustigtguck*). Dabei hatten wir auch gute Unterstützung von Caroline, die ja früher selbst in einer Gothic-Band gedrummt hat und vom Äußeren her auch heute noch in diese Richtung tendiert. Ich denke, es gibt echt Schlimmeres - so lange die kleine Gothic-Queen immer noch Klassenbeste ist, sollen die Eltern sie mal ruhig machen lassen.

Vic ist immer noch mit Liv zusammen… und er gibt sich wirklich Mühe, das muss man schon sagen. Hat sie kürzlich auch zur Bikerfete mitgenommen, und anscheinend ist sie dort gut klar gekommen und hat sich mit seinen Kumpels gut verstanden. Da war Vic wohl ziemlich froh!

Das Songwriting tut Chris gut. Es ist schon ok, dass er sich auf diese Weise mit seiner Krankheit und seinen Ängsten auseinandersetzt. Depressiv ist er eigentlich nicht… ich habe eher das Gefühl, dass er am liebsten ständig etwas unternehmen würde (außer wenn er die Kopfschmerzen hat). Das ist wahrscheinlich schon auch ein wenig Flucht vor seinen Gedanken, Ablenkung halt.

Den heutigen Abend haben wir mit Ben und Eric verbracht, wir waren zusammen essen, sind hinterher durch ein paar Clubs gezogen und haben anschließend noch bei uns ein bisschen zusammen gesessen. War echt schön, wir sind gerne mit den beiden zusammen. Und morgen (also Sonntag) werden wir Justin, unser Patenkind, besuchen (seine Eltern natürlich auch *smile*)… der ist Ende September auch schon 1 Jahr alt geworden. Wahnsinn, wie schnell die Zeit rumgeht.

Datum: 30.10.2008

Chris geht es soweit ganz gut. Er hatte am Montag eine weitere Bestrahlung und meint, die Kopfschmerzen hinterher würden von Mal zu Mal stärker. Hat sich anschließend gleich ins Bett gelegt, die Läden zugemacht und ist dann (Gott sei Dank) auch wirklich eingeschlafen. Armer Indianer *seufz*. Der Arzt meint aber, das sei normal, und er könnte ruhig hinterher eine Schmerztablette nehmen, wenn es zu arg wird. Auf jeden Fall ist der Doc sich mit seinen Kollegen soweit einig, dass sie zwölf Bestrahlungen komplett durchziehen und dann erst untersuchen, was und wie viel das gebracht hat. Oh je, und heute kommt erst die sechste, da hat mein armer Großer noch einiges vor sich. :-(

Unser Wochenende war wirklich schön. Samstag waren wir mit Ben und Eric unterwegs, das habe ich ja schon erzählt. Und Sonntag war dann Besuch bei Eve und Rob und unserem Patenkind Justin *smile*... aber der war leider überhaupt nicht gut drauf. Schlecht gelaunt, müde, die Einzige, die ihn anfassen durfte, war seine Mama *lach* … bei der ist er dann auch irgendwann auf dem Schoß eingepennt. Tja, so Phasen haben sie halt alle mal, nächstes Mal ist er sicher wieder besser gelaunt. Aber die Zeit rast wirklich - am 9. November wird Marc (Chris' Patenkind, Janas Sohn) sogar schon zwei Jahre alt. Oh Mann, hoffentlich können wir dieses Jahr über Weihnachten hinfliegen!

Morgen spielen wir einen Gig *freu*… bei dem Halloween-Festival, wo wir letztes Jahr auch aufgetreten sind. Chris hat da seinen Kopf durchgesetzt, dass dieser Gig nicht abgesagt wird, er will unbedingt dorthin. Und weil bei so einem Festival die Auftrittszeit für jede Band ja doch nicht so lang ist wie bei einem normalen Konzert, hat Malter schließlich zugestimmt. Wir freuen uns beide echt darauf, Chris musste mir nur versprechen, dass er sofort Schluss macht, wenn er merkt, dass es ihm nicht gut bekommt. Dann ziehe ich den Rest - mit Unterstützung von Eve! ;-) - halt allein durch.

NOVEMBER 2008

Datum: 14.11.2008

Unser Halloween-Gig ist sehr gut gelaufen. Chris hatte mir ja vorher versprechen müssen, dass er sofort Schluss macht, wenn er merkt, dass er es nicht packt - aber es lief super, er war so richtig in seinem Element und hat jede Sekunde auf der Bühne genossen. Nur das "Rahmenprogramm" (anschließende Sauferei mit Fans und Kollegen *grins*) haben wir ziemlich reduziert, da war er doch ganz schön ko. Aber es war gut so - er braucht das einfach zwischendurch.

Bestrahlungen hatte er mittlerweile 10 Stück - zwei hat er also noch vor sich. Danach wird er dann eine oder zwei Wochen Ruhe haben, und erst dann wollen die Ärzte untersuchen, ob sich Veränderungen ergeben haben. Dieser Zeitraum sei wichtig, weil die Bestrahlungen noch eine Weile nachwirken, sagen sie. Und dann folgt die OP… die findet aber nicht hier statt, sondern in der Privatklinik des einen Professors, das heißt, dann müssen wir umsiedeln, und zwar in die Nähe von Houston/Texas. Das klingt für mich ganz komisch - irgendwie hab ich von Texanern alle möglichen Vorstellungen, nur nicht, dass sie führend bei Krebs-OPs sind. Wobei dieser Doc allerdings selbst schon eine beeindruckende Persönlichkeit ist und zudem sehr erfahren - man fühlt sich schon gut aufgehoben bei ihm. Warten wir's ab… ich wünschte, wir hätten das alles schon hinter uns *seufz*.

Wir versuchen, uns im Moment nicht zu sehr verrückt zu machen mit der Frage, ob und wie die Bestrahlungen wirken. Man sucht ganz automatisch nach jedem winzigen Hinweis ("dieses Mal waren die Kopfschmerzen stärker/weniger stark, das ist bestimmt gut"… "in den letzen Tagen ist mir kein einziges Mal schwindelig geworden, das muss doch ein gutes Zeichen sein"… usw) - aber das sollten wir nicht tun. Ich habe unserem Arzt diese Fragen auch gestellt, und der meinte nur "ja, das kann alles ein gutes Zeichen sein, aber auch genau das Gegenteil. Wir müssen abwarten, alles andere hilft nichts. Lasst es auf euch zukommen." Bleibt uns wohl nichts anderes übrig.

Aber dafür können wir morgen wieder auftreten *freu*… in unserem Lieblingsclub hier in Nashville. Oh Mann, das ist so schön! Chris freut sich wie blöd *lach*… und ich freu mich auch!

Datum: 20.11.2008

Der Auftritt in unserem Lieblingsclub am letzten Wochenende war sehr gut… es war tolle Stimmung und hat super Spaß gemacht. Aber anschließend ist Chris hinter der Bühne fast zusammengeklappt *seufz* - er war fix und fertig! Die Bestrahlungen schwächen den Körper, das sollte man nicht unterschätzen. Aber der Doc meinte ja vorher, Chris könne es ruhig versuchen, wenn er Lust dazu hätte - er würde schon von allein merken, ob es ihm bekommt, und schlimmer machen könnte er damit auch nichts. Naja - dass er hinterher ko sein wird, wussten wir im Grunde genommen vorher schon.

Er wird ja jetzt generell leicht müde, bei allem, was er macht, aber er will deswegen trotzdem nicht auf alles verzichten, sondern so "normal" wie möglich weiterleben. Ich kann ihn da gut verstehen, mir würde es genauso gehen. Wir sind halt Musiker und brauchen dieses Gefühl, auf der Bühne zu stehen - und auch, wenn es Chris müde und fertig macht, so gibt es ihm auch gleichzeitig Kraft, denn er vergisst dann für eine Weile seine Krankheit.

Es wird allmählich ernst, heute ist die letzte Bestrahlung, hoffentlich hat es was gebracht! Ich schätze, dass wir Anfang Dezember nach Texas ziehen.

Datum: 28.11.2008

Am 1. Dezember geht es jetzt endgültig bei uns los, da siedeln wir nach Texas über. Ich hab richtig Bauchweh, wenn ich daran denke - aber es hilft nichts, da müssen wir jetzt durch!

Letzte Woche, als Chris seine Bestrahlung hatte, habe ich noch etwas erlebt, was mich ziemlich erschreckt und nachdenklich gemacht hat. Ich habe immer auf ihn in so einer Art Aufenthaltsraum gewartet, dort kann man was lesen, es gibt Kaffee, Tee und kalte Getränke - halt ein Wartezimmer. Und da kam, als ich gerade da saß, eine Frau rein, so etwa in meinem Alter… setzte sich hin, guckte irgendwo ins Leere, und die Tränen liefen ihr nur so übers Gesicht. Mich hat sie, glaube ich, gar nicht registriert. Naja - sie tat mir leid, ich hab mich dann nach zwei oder drei Minuten neben sie gesetzt und "ist es so schlimm?" gefragt (ja, absolut unamerikanisch, ich weiß *g*). Sie war auch überrascht, aber dann hat sie erzählt… dass Brian, ihr Ehemann, einen Gehirntumor hat und heute die letzte Bestrahlung bekommt, und dass sie jetzt nur noch beten können, dass der Tumor dadurch weggegangen ist *seufz*. Ich hab ihr gesagt, dass mein Freund auch einen Tumor hat und insgesamt zwölf Bestrahlungen bekommt und dann operiert wird, und wie viele Bestrahlungen ihr Ehemann denn bekommen hat - da sagte sie "vier". Und als ich gefragt hab "wie, nur vier Stück? Und keine OP?", hat sie wieder geheult und gemeint, mehr als vier Bestrahlungen könnten sie halt nicht bezahlen und eine OP schon gar nicht, also könnten sie nur beten, dass vier Stück ausreichen, um den Tumor abzutöten. Ein bisschen Geld müssten sie ja noch zurückbehalten für die Ausbildung ihrer Kinder (3 Söhne), habe Brian gesagt, aber das würde auch maximal für eine oder zwei weitere Bestrahlungen reichen. Mir ist ganz komisch geworden - kein Geld, keine Krankenversicherung, also Pech gehabt, oder wie? Ein Mann Mitte Dreißig - mit Frau und drei Söhnen! Ich wusste gar nicht, was ich darauf antworten sollte, aber die Frau wurde dann auch gerufen und musste weg.

Ich hab hinterher dann mal den einen der Ärzte gefragt, was in so einem Fall passiert… und er meinte, sie hätten bisher noch nie einen Krebspatient, der vielleicht geheilt werden könnte, einfach so weggeschickt, aber sie müssten halt auch rentabel und gewinnbringend arbeiten, sonst gäbe es dieses Krebscenter nicht mehr lange. Vermutlich würde der behandelnde Arzt dieser Frau und ihrem Ehemann erst mal dringend nahe legen, all ihre Ersparnisse aufzubrauchen - wenn Hubby überleben würde, könne er ja wieder neues Geld verdienen und für die Ausbildung der Kids sparen. Und dann müssten sie halt noch die ganze Familie und Verwandtschaft abklappern und so viel Geld wie möglich auftreiben für Bestrahlungen und OP. Das Center selbst würde auch, wenn nötig, Kredite vermitteln - und außerdem gäbe es staatliche Stellen, wo man Unterstützung beantragen könnte, das würde man der Frau hier alles erklären.

Ich war irgendwie geschockt, und er meinte dann: "Du bist Ausländer, nicht wahr - Deutscher? Ok, ihr habt ein anderes Krankensystem, ich weiß… aber auch bei euch wird nicht alles von euren Kassen bezahlt, auch da ist es manchmal eine Frage des Geldes." Damit hat er ja nicht mal Unrecht *seufz*.

Und bei der Gelegenheit ist mir dann auch noch aufgefallen, dass wir seit dem Beginn von Chris' Behandlung noch keine einzige Arztrechnung bekommen haben. Ich hab den starken Verdacht, dass Gladys das veranlasst hat… wahrscheinlich kriegt (und bezahlt) sie die Rechnungen. Das würde zu ihr passen… aber was soll ich dazu sagen? Sie bräuchte das nicht zu tun - aber bestimmt fühlt sie sich besser, wenn sie auf diese Art "helfen" kann. Ich muss sie unbedingt mal danach fragen *kopfschüttel*.

Im Moment geht es Chris gerade ganz gut, er hat jetzt, wo die Bestrahlungen vorbei sind, so gut wie keine Beschwerden. Das letzte Wochenende haben wir mit Eric und Ben verbracht. Erics Mum war für ein paar Tage zu Besuch, sie wollte mal sehen, wie "ihre Jungs" (so sagt sie, genau wie Gladys bei uns immer sagt *smile*) jetzt wohnen. Und nachdem sie deren Wohnung gesehen hat und anschließend unsere, meinte sie, ab sofort würde sie sich nicht mehr trauen, einen von uns in ihre "Bauernhütte" einzuladen… das war aber nur Spaß, es hat ihr alles sehr gut gefallen.

Über Chrissys Erkrankung war sie sehr traurig… sie hat gesagt, wenn wir alles hinter uns hätten, sollten wir einen schönen Erholungsurlaub bei ihnen in den Bergen von Minnesota machen, die Luft würde uns gut tun, und sie würde Chris dann wieder "aufpäppeln". Hm - dabei sieht er im Moment wirklich nicht danach aus, als ob er das bräuchte… dadurch, dass er keinen Sport mehr macht, hat er zugenommen *fg*. Aber es ist doch schön, für die anschließende Erholung haben wir schon einige Angebote *lach*… wir können hinterher nach Deutschland, nach Florida, nach Montana und jetzt auch noch nach Minnesota. Fehlt nur noch, dass uns Johnnys Schwester nach Australien einlädt! ;-)

Demnächst werden wir übrigens mit Ben und Eric wieder eine WG machen *smile*. Die beiden haben im Moment ein bisschen finanzielle Probleme - Ben hat seinen Job verloren (er ist/war Vermögensberater, das habe ich, glaube ich, schon mal erwähnt), und Eric verdient nicht sehr viel, so dass es bei den beiden eng wird mit der Miete für die Wohnung. Und wie der Zufall es will, sucht ein Kollege von Eric gerade eine vorübergehende Bleibe… der wurde hierher versetzt und will sich hier ein Haus kaufen, aber in Ruhe auswählen und nichts überstürzen. Deshalb hat er Eric gefragt, wo er hier irgendwo befristet für zwei oder drei Monate ein Appartement oder eine Wohnung mieten könne, bis er ein passendes Haus gefunden hat. Ja - da hat unser praktisch denkender Eric natürlich sofort geschaltet *lach*… wir müssen ja nach Texas, Ben und Eric sollen auf unsere Wohnung aufpassen (das war vorher schon so abgemacht), also könnten sie doch eigentlich auch bei uns wohnen und ihre eigene Wohnung untervermieten. Gut für sie, weil sie dadurch zusätzliche Einnahmen haben, bis Ben wie der einen Job hat - gut für den Kollegen, der eine vorübergehende Bleibe hat, die sogar groß genug ist, dass seine Frau sofort nachkommen kann - na, und für uns ist es ja auch ok, unsere Wohnung steht dann nicht leer, so lange wir weg sind, und wenn wir zurückkommen, fliegen wir entweder nach Deutschland (wenn mit Chris alles ok ist) oder wir sind halt noch eine Weile zu viert in unserer Wohnung. Hat ja letztes Mal auch gut geklappt.

Datum: 30.11.2008

Dieses Jahr haben wir wieder bei Elly und Ken Thanksgiving gefeiert, und es war mal wieder richtig schön. Ich mag dieses Fest. Jeder feiert mit Familie und Freunden, es heißt ja, dass an Thanksgiving niemand allein daheim sitzen soll... also lädt man zur Not auch noch die allein stehende Nachbarin mit ein, wenn sie sonst niemanden hat. Ein schöner Brauch!

Und es war echt ein schöner Abend. Außer uns waren noch Miss Eliza und Kens Eltern da, einer von Kens Brüdern und noch eine Freundin von Elly mit ihrer Familie. Zum Essen gab's natürlich den traditionellen Truthahn *smile* - da hat ja angeblich jede Köchin ihr eigenes Geheimrezept, wie er gewürzt und zubereitet wird. Elly füllt ihn mit einer Farce aus Hackfleisch, Semmelbröseln und Maronen (den Rest verrät sie nicht).Vorweg gab es Kürbissuppe, und zum Truthahn Cranberry-Sauce, Kartoffeln (diese kleinen Süßkartoffeln), Maronenpüree, Bohnengemüse, Kürbispastete und hinterher noch Kuchen und Eis. Ganz traditionell also. Naja, und für die Kids gab's es außerdem noch Pommes *smile*.

Chris bevorstehende OP war natürlich auch ein Thema an dem Abend. Chris selbst hat damit angefangen. Er meinte, er wäre froh, wenn wir schon nächstes Jahr um diese Zeit hier alle wieder zusammen säßen, und als Elly daraufhin aufgestanden ist und ihn umarmt hat, haben die anderen natürlich gefragt, was denn los ist. Es ist komisch… jeder kennt anscheinend jemanden, der oder die eine Kopf-OP bereits hinter sich und gut überstanden hat. Irgendwie sollte uns das ja schon Hoffnung machen.

An diese Frau aus dem Wartezimmer und ihren kranken Mann habe ich auch noch eine ganze Weile denken müssen. Aber immerhin hat mir der Arzt ja versichert, dass sie niemanden einfach wegschicken, wenn sie ihn eventuell heilen könnten (er meinte wörtlich, auch für amerikanische Ärzte gelte schließlich der hippokratische Eid *räusper*). Es gibt hier für solche Fälle auch finanzielle Unterstützung, die meisten Staaten und Städte haben solche Programme - aber dass die Patienten zunächst mal ihr eigenes Geld aufbrauchen müssen, kann man da ja irgendwie auch verstehen. Ich würde mich notfalls auch bis über beide Ohren verschulden, wenn davon Chris Gesundheit oder sogar sein Leben abhinge. Naja… es heißt ja, man sieht sich immer zweimal - vielleicht werde ich irgendwann erfahren, was aus der Frau bzw. ihrem Mann wurde.

Die Sache mit den Rechnungen habe ich auch geklärt *smile*. Ich habe unseren Doc danach gefragt, und der sagte, er sei zwar nicht für Abrechnungen zuständig, aber wenn wir bisher noch keine einzige Rechnung erhalten hätten, hätte sie mit Sicherheit jemand anders bekommen. Er hat das dann überprüfen lassen - und ich hatte natürlich Recht mit meiner Vermutung! Sie sind alle an Gladys gegangen.

Der Doc (der ja Gladys auch persönlich kennt) meinte dazu: "Danny - lasst sie das doch ruhig tun. Wenn meine Tochter Krebs hätte, würde ich für sie auch die besten Ärzte zusammentrommeln und die Kosten dafür tragen wollen - selbst wenn ihr Ehemann ein Millionär wäre. Eltern wollen doch auch etwas tun, um zu helfen. Der Ehemann oder Partner hilft ja schon durch sein Dasein… trösten, Mut zusprechen, beim Einschlafen fest in den Arm nehmen und das alles. Chris Mum hat jetzt das gute Gefühl, dass sie auch etwas für ihren Sohn tut. Und es stürzt sie ja nicht in den finanziellen Ruin, soweit ich weiß, also lasst es gut sein."

Chris hat zu dem Thema übrigens gar nicht viel gesagt… er meinte nur: "Das ist typisch Mum, aber was soll ich dagegen machen? Ihr sagen, dass ich ihre Unterstützung nicht will? Das würde sie verletzen." Nein, das wäre auch das Letzte, was ich wollte!

Gladys wird übrigens auch nach Texas kommen, zwar nicht gleich morgen, aber ein paar Tage später. Und sie hat mich gefragt, ob das ok ist oder ob sie nervt. Mich! Ihr einziger Sohn hat eine schwere OP vor sich, und da fragt sie mich erst mal, ob es ok ist, wenn sie zu ihm kommt! Unglaublich, diese Frau! (Und natürlich ist es ok für mich, dass sie kommt!)

DEZEMBER 2008

Datum: 08.12.2008

Es gibt Neuigkeiten… es sieht so aus, als sei der Tumor durch die Bestrahlungen kleiner geworden und vielleicht sogar ganz abgestorben. Das ist die gute Nachricht.

Die weniger gute Nachricht ist, dass der Tumor sich - wohl durch diese Behandlung - ziemlich tief in das umliegende Gewebe "eingefressen" hat. Das erschwert natürlich die OP und erhöht das Risiko, dass dabei andere Hirnregionen (= Körperfunktionen!) beschädigt werden. Die Alternative wäre eine Chemotherapie.

Unser Arzt hat sich entschieden, die OP zu versuchen, sie findet am kommenden Mittwoch statt. Er meint, wahrscheinlich würde er erst während der OP ganz genau sehen können, ob er den Tumor komplett entfernen kann - und dann ad hoc die Entscheidung treffen müssen, ob er das Risiko, andere Teile des Hirns zu verletzen, eingehen will. Er ist ein sehr erfahrener Arzt - wir vertrauen ihm, dass er das Richtige tut.

Weihnachten in Deutschland haben wir inzwischen für dieses Jahr abgehakt. Selbst wenn Chris nach der OP schnell wieder fit sein sollte, ist uns das Risiko zu hoch - wir bleiben lieber hier, wo wir notfalls schnell bei unseren Ärzten sind. So werden wir Weihnachten also entweder hier in der Klinik oder in unserer Wohnung mit Ben und Eric feiern. Es ist schon ok so... dann sitzen wir halt nächstes Jahr wieder bei Jana und reden darüber, wie schlimm es vor einem Jahr war. Hauptsache, Chris wird wieder gesund!

Ich sehe das Bild von den beiden alten Männern auf ihrer Terrasse immer noch vor mir und glaube ganz fest daran! Und ich versuche, Chris soviel Zuversicht und Optimismus zu vermitteln wie möglich. Wir werden das gemeinsam schaffen!!!

Datum: 10.12.2008

Heute wird es also ernst. Und ich konnte - wen wundert es? - die ganze Nacht nicht schlafen… *seufz*

Ich habe dem Professor jede Menge Fragen zu dem Tumor gestellt. Warum kann er nicht einfach drin bleiben, wenn er abgestorben ist? (Weil man eben von außen nicht genau sagen kann, ob er völlig abgestorben ist und nicht doch wieder "aufleben" oder streuen kann und er außerdem auch in der jetzigen Größe noch Beschwerden verursacht). Warum kann man ihn nicht einfach noch weiter bestrahlen? (Weil er sich dadurch nicht in Luft auflösen, sondern seine jetzige Größe in etwa beibehalten und weiterhin Beschwerden verursachen würde). Ich hab ihn wirklich ausgiebig "gelöchert", aber er ist sehr nett und erklärt es notfalls auch zehnmal.

Ich hab mich über diesen Mann sowieso schon mehrmals gewundert. So hat er mich bei unserer Ankunft hier, während Chris die ersten Untersuchungen hatte, zu sich kommen lassen und mich händeschüttelnd mit "Hi Danny - I'm Drew!" begrüßt. Statt zurück zu grüßen, hab ich ihn daraufhin ganz blöd gefragt, ob ich ihn etwa so nennen soll *g*… ja, das soll ich machen. Wir sind jetzt nämlich ein Team, hat er mir erklärt - ich bin dafür zuständig, Chris immer wieder aufzubauen und ihm Hoffnung, Zuversicht und Optimismus zu vermitteln, während er (der Professor) umgekehrt für mich Ansprechpartner für alle Fragen und Ängste ist, damit ich davon nichts bei Chris ablade. Schließlich sei die Psyche doch gerade bei Krebs so wichtig, deshalb müsse ich Chris gegenüber immer positiv sein.

Weiter hat er dann bei diesem Begrüßungsgespräch gesagt, er ginge ja davon aus, dass ich in der kommenden Zeit bei meinem Freund bleiben wolle, und deshalb seien unsere Zimmer schon gerichtet - und ich hab wieder blöd geguckt und "ähem - ich hab mir ein Zimmer unten im Ort im Hotel reserviert" gesagt. Daraufhin von ihm eine kurze Anweisung an sein Vorzimmer, sie sollen das Hotelzimmer bitte mit einem schönen Gruß von ihm wieder stornieren - ich sei Angehöriger eines Patienten und werde selbstverständlich hier in der Klinik mit untergebracht *staun*. Sowas hab ich noch nie gehört... sie haben hier wirklich einen Gebäudetrakt mit Zimmern für die Angehörigen! Und bis zur OP konnte Chris mit mir da wohnen und schlafen, nur jetzt kommt er natürlich auf die reguläre Station. Und Gladys (ja, die ist inzwischen auch hier) ist ebenfalls hier untergebracht, ein paar Zimmer weiter von uns.

Und schließlich ließ Drew (*smile*) dann bei dem Begrüßungsgespräch noch eine Rebekka zu uns kommen - das ist eine Deutsche, die in der Klinik hier als Krankenschwester arbeitet. Er meinte, mein Englisch sei zwar gut, aber gerade bei den medizinischen Fachbegriffen würde es mir bestimmt helfen, manchmal etwas in meiner Muttersprache erklärt zu bekommen, deshalb solle ich mich dann immer an sie wenden. Finde ich echt nett!

Und die Rebekka ist auch eine Nette… 28, wollte eigentlich nur ein Auslandspraktikum hier machen, hat sich dann aber in einen der Ärzte verliebt und ist hier geblieben. Und ihr Freund ist jetzt im Rahmen von "Ärzte ohne Grenzen" in Afghanistan, voraussichtlich bis Mitte oder Ende Februar - das heißt, das Mädel hat dieses Jahr auch keine schöne Weihnacht. Sie hat nur den einen Wunsch, dass ihr Freund lebend und unversehrt wieder zurückkommt, und ich hab auch nur den Wunsch, dass Chris alles gut übersteht… insofern können wir uns gegenseitig ein bisschen Mut machen und aufbauen. Sie hält übrigens große Stücke auf ihren Chef und ist überzeugt, dass, wenn überhaupt einer so eine OP hinkriegt, er das ist. Das gibt Hoffnung!

Datum: 12.12.2008

Die Operation war ziemlich schwer und hat lange gedauert, und seitdem liegt Chris in einer Art künstlichem Koma. Alles, was ich bisher sagen kann, ist, dass der Doc den Tumor komplett entfernen konnte - aber da das Ding sich sehr tief ins umliegende Gewebe eingegraben hatte, musste er auch sehr tief schneiden.

Genaueres wissen wir erst, wenn Chris wieder wach wird…

Datum: 14.12.2008

Wie fange ich an?

Also erst mal: Chris hat die OP soweit gut überstanden. Er hat zwei Tage in diesem künstlichen Koma gelegen und ist dann von allein wieder wach geworden. Und der Professor konnte den Tumor bei der OP wirklich vollständig entfernen, außerdem hält er es für äußerst unwahrscheinlich, dass das Ding bereits gestreut hat, auch wenn die entsprechenden Untersuchungsergebnisse noch ausstehen. Soweit die guten Nachrichten.

Allerdings gab es einen schlimmen Schock, als Chris wieder wach wurde. Ich war gerade bei ihm, als er zu sich kam. Er war auch gleich wieder ganz klar, sprach mich sofort an und fragte, ob er jetzt alles hinter sich habe. Aber irgendwie hat er mich dabei so ganz seltsam angesehen. Und dann bat er mich, doch mal das Licht anzumachen, damit er mich sehen könne. Aber draußen schien die Sonne, es war taghell im Zimmer!

Mit anderen Worten - er kann nicht mehr sehen. Das Sehzentrum wurde bei der OP beschädigt.

Wir haben uns erst mal nur in den Arm genommen und beide mit den Tränen gekämpft, dann bin ich losgestürzt und hab den Professor gerufen. Und der hat uns - gemeinsam mit seinem Chefneurologen - immerhin wieder ein bisschen Mut gemacht.

Der Tumor lag ja sehr nah am Sehzentrum - dadurch hatte Chris in letzter Zeit oft die Sehstörungen. Und durch die Bestrahlungen war der Tumor ja dann in das umliegende Gewebe quasi eingedrungen. Drew (der Professor) hatte bei der OP nach Rücksprache mit seinen Neurologen beschlossen, alles komplett herauszuschneiden, auch wenn dabei die Umgebung verletzt wird, da sich das Sehzentrum in der Regel regeneriert. Das war, wie er sagte "wieder eine dieser Scheiß-Situationen, wo ich in drei Sekunden entscheiden muss, ob ich jemanden lieber zum Verlust seiner Sehkraft oder zu den Torturen einer bzw. mehrerer Chemotherapien verurteile".

Chris wird - nach Meinung der Docs - nach einiger Zeit wieder sehen können, weil die beschädigten Bereiche sich wieder herstellen bzw. andere Nerven die Aufgaben mit übernehmen... oder einfach, weil diese verletzte Hirnregion jetzt nur vorübergehend "abgeschaltet" hat, um den Heilungsprozess zu erleichtern. Ich hab sowas noch nie gehört, aber der Chefneurologe sagt, das käme relativ häufig vor. Hm - ich könnte ja mal danach googeln, aber ehrlich gesagt habe ich weder Zeit noch Lust dazu, denn ich kenne mich - wenn ich nichts Entsprechendes finde, mache ich mich nur noch mehr verrückt. So hoffen und beten wir jetzt halt, dass die Ärzte Recht behalten.

Chris ist ganz schön fertig. Ich versuche so gut es geht, ihm Mut zu machen - immerhin erfinden die Ärzte sowas ja nicht, sondern es sind echte Erfahrungswerte. Aber leider liegen diese Erfahrungswerte sehr weit auseinander, wenn es darum geht, wie lange dieser Zustand anhält. Tage, Wochen, bis hin zu mehreren Monaten - da war wohl offenbar schon alles dabei. Wobei der Neurologe meint, dass es bei Chris eher nicht so lange dauern wird, weil er ja noch jung und ansonsten gesund sei.

Ich muss jetzt permanent mit Chris üben… ich muss ihm helfen, sich in seiner Dunkelheit ein wenig besser zurechtzufinden und ihm auf Anraten der Ärzte dabei immer sagen, was er "sieht" - denn nach ihrer Definition ist er nicht blind, das ist man nur, wenn die Augen keine Bilder mehr ans Gehirn liefern. Das tun seine Augen aber weiterhin, nur fühlt sich im Gehirn im Moment niemand dafür zuständig, deshalb laufen die Bilder ins Leere (so haben sie es erklärt). Ich sage also z.B. "hier ist deine Tasse… heute hast du eine weiße mit roten Punkten" (und ich vermute, dass der Indianer mir die besagte Tasse in dem Moment dann am liebsten an den Kopf schmeißen würde).

Der Neurologe "übt" ähnlich mit ihm - er bringt z.B. Kugeln und sagt "das ist eine grüne… das eine rote… usw". Und Chris antwortet ihm dann manchmal "das ist mir scheißegal, von mir aus können sie auch alle grau sein!". Ich kann ihn verstehen… und das kann der Doc auch.

Ich komme mir gerade vor wie in einem bösen Traum. Und ich bin fast immer bei ihm, um ihm zu helfen und Mut zu machen.

Wir werden das schaffen!!! Ich weiß es!!!!

Datum: 16.12.2008

Nein, ich denke nicht, dass die Ärzte das von der Regenationsfähigkeit des Gehirns nur erfunden haben! Ich vertraue ihnen - Drew ebenso wie dem Neurologen, der sich jetzt um Chris kümmert (der heißt Jenks).

Und das hier sagt eine Freundin, die Psychologie studiert hat, dazu… ich kopiere einfach mal:

Ich habe schon öfter davon gehört, dass das Gehirn beschädigte Bereiche ersetzen kann, das lernt man ja auch im Psychologie Studium. Es ist also keinesfalls ein Märchen das nur beruhigen soll, das kommt wirklich häufig vor. Ich hatte in Psychologie 2 Semester Neuropsychologie, da geht es hauptsächlich ums Gehirn, Funktionen, welche Gehirnteile für was verantwortlich sind und auch wie andere Teile Funktionen übernehmen können, wenn was ausfällt. Und das mit dem Beschreiben ist sehr plausibel, auch wenn es euch noch so blöd vorkommt. Das Gehirn braucht Hilfe beim Lernen. Aber es ist total komplex und dafür ausgestattet, Verluste zu kompensieren.

Also auch hier die Bestätigung, dass die Regeneration durchaus möglich ist. Wenn sowas sogar im Psychologiestudium gelehrt wird, kommt es bestimmt nicht allzu selten vor.

Auf eine Aussage, wie lange dieser Zustand andauern wird, lassen sich die Ärzte natürlich nicht ein, und irgendwie kann ich das auch verstehen. Schließlich ist es ja auch bei ihnen nur die Hoffnung (aufgrund ihrer Erfahrungswerte), dass sich Chris' Sehzentrum regenerieren kann. Ob es wirklich so kommt und wann das sein wird, wissen sie halt nicht, und das geben sie auch zu. Für meinen Geschmack ist das aber besser, als wenn sie so tun würden, als hätten sie alles im Griff.

Ich weiß, dass Chris trotz allem noch Glück hatte (und er weiß das auch). Statt des Verlustes seiner Sehkraft hätte er ja auch eine geistige Behinderung davontragen können, und die wäre wohl dauerhaft. Und den Krebs ist er, wie es aussieht, auch komplett los.

Natürlich reden wir auch darüber, was wäre, wenn es doch dauerhaft so bliebe. Ja - wir hätten selbst dann noch mehr als viele andere (gesunde) Menschen. Unsere Liebe, unsere Musik, unsere Freunde… Aber ich kann auch verstehen, wenn Chris frustriert ist und zu mir sagt, ich hätte ja gut reden, es ginge ja nicht um meine Sehkraft und meine Augen *seufz*. Er hat verdammt Recht, sich beschissen zu fühlen.

Es tut mir so wahnsinnig leid, wenn ich sehe, wie er sich durchs Zimmer tastet. Wenn ich könnte, würde ich mit ihm tauschen und es für ihn auf mich nehmen. Da ist die Tasse, die vielleicht irgendwann wirklich an meinem Kopf landet, wirklich Nebensache!

Datum: 19.12.2008

Es ist Wahnsinn… ich bin so glücklich…

Ja - Chris kann wieder sehen! Die Ärzte hatten Recht.

Als ich heute Morgen zu ihm kam, hat er mich angelächelt (ok, das tut er immer) und meinte: "Guten Morgen, my love. Weißt du eigentlich, dass ich dieses Teil sehr mag? Es passt genau zur Farbe deiner Augen!" Ich hab richtig Gänsehaut gekriegt und gefragt "welches Teil meinst du?" - "Na, das was du da anhast! Dieses Sweatshirt, wo vorne "opera" draufsteht!" Und, als ich ihn nur ungläubig angesehen habe, lachte er "ja, Danny, mein Kleiner - ich kann es sehen!" Und dann haben wir erst mal beide losgeheult *smile*.

Er hat es mir dann erzählt… "Danny, ich bin irgendwann heute Nacht wach geworden und habe - im Halbschlaf und aus alter Gewohnheit - die Nachttischlampe angeknipst, um auf die Uhr zu gucken. Dachte dann "oh gut, erst halb drei, da hab ich noch ein paar Stunden", hab das Licht wieder ausgemacht - und da wurde mir dann plötzlich bewusst, dass ich die Zeit gesehen habe. Erst mal hab ich bestimmt eine Viertelstunde so dagelegen und mich nicht getraut, nochmal zu gucken, weil ich Angst hatte, ich hätte es geträumt oder so - aber dann hab ich es probiert, und ich hatte nicht geträumt. Und von da ab hab ich dagelegen und mich auf dein Gesicht gefreut, wenn du am Morgen kommst. Und auf Mums Gesicht. Und auf diesen blöden Jenks (das ist der Neurologe) - warte mal ab, den krieg ich heute dran! Oh Danny, Kleiner, ich bin so glücklich!"

Ich musste lachen, hab ihm dann aber gesagt, dass er doch bitte Jenks nicht ärgern soll, der ist nämlich wirklich ein sehr netter, lieber Arzt und gibt sich so viel Mühe mit ihm. Ok, das hat er dann versprochen.

Wir haben zusammen gefrühstückt, und danach kam Jenks auch schon - mit seinem Lieblingsspielzeug, den bunten Kugeln (er hatte auch schon Bausteine dabei, mit denen Chris einen Turm bauen sollte und Schablonen, die er bestimmten Formen zuordnen sollte, oh je *seufz*). Chris hat ihn freundlich mit "Hello Doc!" begrüßt und dabei einen halben Meter an ihm vorbeigeguckt (*gg* fies, ich weiß). Und Jenks (ganz vorsichtig): "Hi Chris, guten Morgen - wir arbeiten heute wieder mit den Kugeln, ok? Nur eine halbe Stunde, aber die bitte konzentriert - geht das?" Worauf Chris "ja, ist ok" grinste, sich dann eine Kugel griff und "ich nehme dann mal die blaue hier - die Farbe gefällt mir am besten!" sagte. Der arme Jenks wurde sofort ganz bleich, murmelte "oh mein Gott"…hob dann die Hand und fragte "wie viele Finger halte ich hoch?", und Chris ganz geduldig "vier - Jenks, ich kann sie s-e-h-e-n!!!" Hey, war der da happy - hat uns beide abwechselnd umarmt und ist dann überglücklich zum Professor losgerannt.

Eine Weile später kam dann auch Gladys. Chris sagte zur Begrüßung: "Hi Mum - gut siehst du aus!" (sie sieht im Moment zwar alles andere als gut aus, aber egal)… Gladys blieb darauf wie angewurzelt stehen, presste beide Hände vor den Mund und sagte auch nur "oh mein Gott". Und dann hat sie uns auch beide umarmt *smile*.

Gladys ist jetzt noch bei Chris, ich werde nachher mit ihm zusammen zu Mittag essen - und am Nachmittag will der Doc noch ein paar Sehtests machen. Räumliches Sehen, Entfernungen abschätzen und sowas. Ich habe ihn gleich mal noch gefragt, ob es vielleicht passieren kann, dass das Sehvermögen bei Chris wieder weggeht - aber das hat er ganz definitiv verneint.

Es sieht so aus, als hätte Chris es geschafft - als hätten wir es geschafft!!!

Datum: 20.12.2008

Es ist so schön… *smile*

Die Untersuchungen, die hier noch gemacht worden, waren auch alle ok… Chris kann so gut sehen wie vorher, und die Tests auf weitere Krebszellen im Körper waren alle negativ.

Und noch was Wunderschönes: Wir dürfen nach Hause!!! Drew sieht keinen Grund, uns über Weihnachten hier zu behalten. Unter drei Bedingungen lässt er uns heim *lach* ... ich zitiere ihn:

"Erstens" (Drews Blick dabei zu Chris): "noch mindestens sechs Wochen lang keine Musik! Lieber wäre mir bis Ende Februar. Und damit meine ich Auftritte UND Proben! Ich habe mir mal angesehen, was ihr auf der Bühne treibt - das geht einfach noch nicht, ok?" - Versprochen!

"Zweitens" (dieses Mal Blick zu mir *hust*): "bitte keine Anstrengungen - auch keine anstrengenden Flugreisen! Es reicht gerade schon, wenn ihr jetzt von hier wieder nach Nashville fliegt. Macht dort dann langsam, ok?" Jaaa, Doc…. Deutschland ist doch eh schon abgehakt!

"Und drittens" (mit einem Lächeln) "drittens möchte ich euch gerne im kommenden Frühjahr nochmal hier sehen. Nicht, dass ich meinen Kollegen die Nachsorge und die restlichen Untersuchungen nicht zutraue - ich möchte es einfach. Kommt im März oder April für ein verlängertes Wochenende her, ok? Einfach, weil ich sehen möchte, wie es weiterging!" Na, das lässt sich auch noch machen.

Jetzt ist Koffer packen angesagt… *freu*! Wir werden das schönste Weihnachtsfest im ganzen Amiland haben!!!

Datum: 21.12.2008

Auch für Gladys war die letzte Zeit natürlich sehr schwer, und sie ist jetzt auch total happy. Und sie hat da etwas gebracht, darüber muss ich jetzt noch grinsen… *gg*

Gladys hat schon, als der Doc gesagt hat, dass wir heimdürfen, irgendwie so - hm, komisch geguckt. Chris meinte anschließend zu mir, dass sie ganz sicher was ausbrütet, er würde dieses Gesicht kennen (oh ja, ich kenne das Gesicht auch, Chrissy guckt nämlich genauso, wenn er über etwas grübelt *gg*).

Ja, und vorhin meinte sie dann: "Ihr fliegt ja bestimmt nach Nashville zurück, oder?" Ich: "Ja klar, wohin sonst - nach Hause!" Und Chris sofort: "Mum - wieso denn "ihr fliegt"? Warum nicht "wir fliegen nach Nashville"? Komm doch mit uns und feiere mit uns Weihnachten - jetzt, wo wir alles hinter uns haben!" Darauf hat sie sowas wie "ich habe befürchtet, dass ihr das sagt" gemurmelt… und dann: "Ach Jungs… ihr seid ja nicht allein dort, Eric und Ben sind ja bei euch. Nicht, dass ich die beiden nicht mag, ich finde sie sehr lieb und nett, das ist nicht der Grund… aber, ganz ehrlich gesagt, würde ich Weihnachten eigentlich gerne anders verbringen… oder woanders…"

Chris hat sie darauf grinsend gefragt, ob sie vielleicht wen kennen gelernt hat… "Mum, hast du dich etwa verliebt? Willst du mit einem Mann zusammen feiern?" Und Gladys darauf: "Nein, du Kindskopf - wo soll denn plötzlich ein Mann herkommen? Nein, das ist es nicht… aber …" (immer mit entsprechenden Pausen *g*) "… aber mir hat Drew ja keine Langstreckenflüge verboten. Und ich würde gerne zu Jana und den Kids - ich möchte mit den Jungs Weihnachten feiern… mit Timmy und Marc… und das Baby wieder sehen… und die kleinen Französinnen… Wärt ihr mir sehr böse, wenn ich das mache?"

Ich muss jetzt beim Schreiben immer noch grinsen *g* - diese Frau ist echt der Hammer!!! Fliegt zu Weihnachten nach Deutschland! Also das hätte ich nie erwartet, aber ehrlich gesagt - ich finde es toll! Und Jana weiß schon Bescheid und freut sich riesig! :-)

Natürlich würde auch ich gerne nach Deutschland fliegen, aber das wäre wirklich zu anstrengend für Chris, und er hat ja in Nashville auch noch Nachuntersuchungen. Aber wir werden auch so das schönste Weihnachtsfest überhaupt haben, da bin ich mir sicher. Und Ben und Eric freuen sich auch schon, dass wir kommen.

Datum: 24.12.2008

Wir sind wieder daheim in Nashville, und es ist Wahnsinn!!!

Ben und Eric haben unsere Wohnung in ein wahres Weihnachtsmärchen verwandelt *smile*… ok, natürlich in ein amerikanisches Weihnachtsmärchen *zwinker*. Neben der Treppe steht ein großer geschmückter Weihnachtsbaum, am Treppengeländer ranken sich Tannengirlanden mit Sternen, am Kamin hängen große Strümpfe (da steckt Santa Claus hier die Geschenke rein) - und überall stehen Kerzen, Engelchen und andere Weihnachtsdekos. Aber alles sehr hübsch - Geschmack haben die beiden ja schon.

Für mich wollten sie auch ein paar deutsche Elemente einbringen *lächel*… sie haben deshalb Saskia um Rat gefragt, aber die konnte ihnen nicht viel helfen, bei ihr daheim war Weihnachten offenbar früher nicht so angesagt. Immerhin hat sie sich erinnert, dass ihre Mutter immer blühende Weihnachtssterne aufgestellt hatte (diese Pflanzen, ich glaube, man nennt sie auch Christusstern). Und so stehen bei uns jetzt auf dem Küchentisch, dem Esstisch sowie oben auf dem Sockel der Treppe rot blühende Weihnachtssterne. Und außerdem hat Saskia ihnen Weihnachtspyramiden (diese Dinger, die sich drehen, wenn man die Kerzen ansteckt und die Wärme aufsteigt) als "typisch deutsch" empfohlen - also habe wir jetzt so eine auf dem Couchtisch stehen. Sie haben sich wirklich alle Mühe gegeben, unsere beiden.

Gladys ist auch gut in Deutschland angekommen. Der Zwerg hat sich gefreut wie ein Schneekönig, dass sie kommt - vielleicht hat ihn das ein wenig entschädigt dafür, dass wir dieses Jahr nicht bei ihnen sein können. Und ich glaube, Gladys könnte nirgendwo anders besser abschalten und sich von den Sorgen der letzten Wochen und Monate erholen als bei einem Weihnachtsfest mit den Kindern. Das ist schon ok so.

Ich bin mir sicher, dass wir ein schönes Weihnachtsfest zusammen haben werden. Und mein schönstes Geschenk - dass Chris wieder gesund ist - habe ich ja eh schon! :- )

JANUAR 2009

Datum: 08.01.2009

Wir hatten wunderschöne Weihnachtstage. Heiligabend waren wir allein mit Ben und Eric, und am 1. Feiertag sind Saskia und Johnny sowie David noch dazugekommen. Am 2. Feiertag (der ja hier eigentlich gar kein Feiertag mehr ist) waren Ben und Eric dann bei Bens Schwester eingeladen, und wir bei Elly und Ken. Es war alles sehr, sehr schön - und die Freude, dass es Chris wieder besser geht, war bei ihnen allen absolut ehrlich. Wir haben tolle Freunde *smile*!

An Silvester waren wir eingeladen… Melissa und Marc haben eine Megaparty gefeiert, ich weiß gar nicht, wer da alles dabei war. Auf jeden Fall war es richtig gut. Allerdings merkt man bei solchen Gelegenheiten, dass Chris noch lange nicht wieder richtig fit ist… sonst ist er bei Feiern immer der Letzte, aber im Moment strengt es ihn doch sehr an. Nach Hause wollte er dann aber trotzdem nicht, weil er meinte, wenn hier einer Grund zum Feiern habe, dann sei er es *smile*. Recht hat er - dafür hat er den Neujahrstag dann mehr oder weniger komplett verpennt *g*.

Am vergangenen Wochenende waren wir dann wieder mal bei Vic *smile*. Er hatte seinen Junior übers Wochenende, und Liv war auch da - es scheint jetzt echt gut zu laufen mit den beiden. Hoffentlich bleibt es so, Vic ist ja eigentlich wirklich nicht verkehrt, wenn man weiß, wie man mit ihm umgehen muss. Anscheinend hat Lynn Liv da inzwischen etwas "Nachhilfe" gegeben *lächel*.

Sonst ist bei uns im Moment alles soweit unverändert. Chris' letzte Blutuntersuchung war negativ - was ja ein positives (= gutes) Ergebnis ist, nämlich dass keine Krebszellen entdeckt wurden. Diese Untersuchung wird jetzt am Anfang noch 14tägig gemacht, dann monatlich, und nach einem (befundfreien!) Jahr nur noch halbjährlich. Wirklich geheilt gilt er erst nach fünf krebsfreien Jahren.

Und eine Sehschwäche hat er auch noch seit der OP, die wurde erst kürzlich entdeckt, ist aber halb so wild - sie betrifft sein räumliches Sehen. Er hat z.B. Probleme damit, ein Glas richtig einzuschenken, ohne vorher mit der Flasche auf den Rand zu tippen, da kann es dann passieren, dass er vorbei gießt. Da er diese Angewohnheit (Antippen vom Glasrand) aber vorher auch immer schon hatte, ist es uns erst mal gar nicht aufgefallen - nur war es vorher nur ein Tick, und jetzt würde er ohne das echt daneben gießen. Unser Doc meint, dass man das durch gezielte Übungen wieder beheben oder zumindest verbessern kann. Leider hat der Indianer im Moment aber dazu überhaupt keine Lust. Er musste ja in der Zeit, als er nicht sehen konnte, genug "Sehübungen" machen, davon hat er wohl noch die Nase voll. Aber wenn diese Sache das Einzige ist, was er von der ganzen Erkrankung zurückbehält, kann er ja damit auch gut leben.

Jetzt am Wochenende steigt bei uns eine große Party - Chris hat Geburtstag (er wird 36), und Grund, diesen Geburtstag zu feiern, hat er wohl mehr als genug *smile*. Da wird bei uns ganz ordentlich was los sein. Ich freu mich schon drauf… :-)

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